Fulera, Ayishetu und Safia leben in Nordghana.
Die 40-jährige Ayishetu Bujri lacht, während sie zusammen mit ihren Nachbarinnen Shea-Butter herstellt. Doch bis vor kurzem wusste sie nicht, ob sie jemals in ihr Haus zurückkehren würde.
Kurz nachdem die Tochter eines Nachbarn erkrankte, wurde Ayishetu aus dem Dorf verbannt. Sie wurde der Hexerei bezichtigt und lebte drei Jahre lang im Hexendorf Gambaga, fern von ihrer Familie.
Erst dank dem Projekt Go Home, das von ActionAid unterstützt wird, konnte Ayishetu wieder ein normales Leben führen. „Ohne die Unterstützung dieses Projektes hätte ich nie wieder nach Hause gehen können“, sagt Ayishetu. „ActionAid hat mir geholfen, meine Gemeinschaft davon zu überzeugen, dass sie mich falsch behandelt hat. Der Verdacht auf Hexerei ist kein Grund, jemanden aus seinem eigenen Haus zu vertreiben!“
Trotzdem ging es viele Monate, bis sich Ayishetu und die Mitglieder ihrer früheren Gemeinschaft aussöhnten. Nur wenn die lokalen Chiefs und die Dorfältesten eine Sache unterstützen, ist ihr die Billigung und Solidarität der ganzen Gemeinschaft sicher. Nachdem die Rückkehr in langen Gesprächen beschlossen wurde, wurde Ayishetu vom lokalen Führer in einer Zeremonie symbolisch wieder aufgenommen. Dieses Vorgehen mag uns seltsam und falsch erscheinen, doch für Ayishetu war es sehr wichtig. „Dank dem, dass mich der Chief offiziell wieder in die Gemeinschaft aufgenommen hat, bringen mir auch die anderen wieder den gebührenden Respekt entgegen“, sagt sie.
Es ist nur der Geduld und der Vermittlungsarbeit der Betroffenen zu verdanken, dass Ayishetu in die Gemeinschaft zurückkehren konnte. „Bis jetzt konnten wir etwa 250 Frauen reintegrieren“, sagt Gladys Lariba Mahama, die Projektleiterin. „Wenn eine Frau eines „einfachen“ Verbrechens beschuldigt wird, beispielsweise, dass sie jemandem im Traum erscheint, lassen sich die Leute relativ einfach davon überzeugen, die Tatsache als normal zu akzeptieren“, erklärt sie. „Lautet die Anklage aber auf Töten einer Person, können sie ein bis zu fünf Jahre langes Exil fordern. Im Fall von Ayishetu ging es fast drei Jahre, bis sie nach Hause zurückkehren konnte, auch wenn ihr Prozess noch nicht abgeschlossen ist. Nach ihrer Rückkehr vertraute man ihr eine Fasanenzucht an, damit sie etwas verdienen kann, und sie erhielt eine Gesundheitskarte, mit der sie Zugang zu medizinischer Pflege hat. Dass sich ihre soziale Situation verbesserte, genügte, um ihre Nachbarn davon zu überzeugen, dass sie keine Bedrohung mehr darstellt.“
„Plötzlich hat sich das Verhalten der Leute mir gegenüber verändert“, sagt Ayishetu. „Heute bewirtschafte ich zusammen mit meinen Nachbarn das Land und wir arbeiten Hand in Hand. Manchmal treffe ich auf die Leute, die mich angeklagt haben, aber das stört mich nicht. Heute respektieren sie mich.“ Letztendlich ist es der neue soziale Status, das heisst von der abhängigen Hexe zur selbstständigen Frau, der Ayishetu in Zukunft beschützen wird. Leider gibt es immer noch jahrhundertealte Traditionen. Erst wenn diese abgeschafft werden, hört die Stigmatisierung von Frauen als Hexen auf. Die Zusammenarbeit mit den Frauen, die sich bis jetzt nicht verteidigen durften, und die langfristige Hoffnung auf eine Veränderung können jedoch einiges bewirken.
Im Norden von Ghana gibt es sieben Hexendörfer, in denen rund 700 der Hexerei beschuldigte Frauen festgehalten werden. Diese hohe Zahl zeigt, wie tief der Glaube an die Hexerei im Land verwurzelt ist. Die Dunkelziffer wird jedoch um einiges höher sein, da viele Frauen bekanntermassen wegen Hexereivergehen getötet werden.
Gemäss den in der Kultur verwurzelten Überzeugungen sind die Hexendörfer sicher. Dort kann keine Hexerei ausgeübt werden, weil sich die Dörfer auf heiligem Boden befinden.
Die Hexendörfer sind voller Frauen, die ihre Version der gleichen Geschichte erzählen: Sie wurden von einem Tag auf den anderen beschuldigt, einem Opfer den Atem verschlagen zu haben, jemandem in bösen Träumen erschienen oder sogar für den Tod einer Person verantwortlich zu sein. Deshalb werden sie verhaftet, verurteilt und für lange Jahre weggesperrt, leben in Ungemach und Ungewissheit am Rande der Gesellschaft und müssen um ihr Leben fürchten, wenn sie nach Hause zurückkehren wollen.
ActionAid hat in vielen dieser Hexendörfer gearbeitet und die Frauen ermutigt, sich zu vernetzen. Die Organisation hat das Problem der Regierung vorgelegt und eine rasche Lösung gefordert, damit das Gesetz entsprechend geändert wird, ohne jedoch direkt zu intervenieren. Deshalb haben Go Home und ActionAid gemeinsam mit den lokalen Behörden einen Marsch organisiert und Hunderte von Frauen mobilisiert, damit sie ihre Rechte mit lauter Stimme einfordern. Heute erhalten die Frauen Krankenversicherungskarten, damit sie sich in den gleichen Spitälern, die sie als Hexen ausgeschlossen haben, behandeln lassen können. Des Weiteren gab man ihnen einige Hektaren Land, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und nicht mehr auf Unterstützung angewiesen sind. Auf Druck der Frauen wurden auch neue Wassersysteme gebaut, um die Arbeit auf den Feldern zu erleichtern und die Wasserversorgung in den Häusern zu sichern. Diese Veränderungen haben die Frauen selbstbewusster gemacht und sie in ihren Rechten gestärkt.
Heute unterstützen sich die der Hexerei beschuldigten Frauen gegenseitig. Sie verstecken sich nicht mehr, sondern haben sich in den Hexendörfern und ausserhalb solidarisiert, um von den Gemeinschaften zu fordern, dass sie wieder aufgenommen und respektiert werden.