Uber eintausend Bauern wären beinahe Opfer der Enteignung von Grund und Boden geworden. Dank des Einsatzes von ActionAid hat sich die Situation jedoch verändert.
In Bagamoyo, einem Dorf in Tansania, hätten 1300 Menschen beinahe ihre einzige Einnahmequelle verloren, welche auch ihr zu Hause und ihre Lebensressource darstellt: nämlich ihren Grund und Boden. EcoEnergy, ein schwedisches Unternehmen, plante ein Projekt, das die Nutzung von mehr als 20.000 Hektar Land das für 99 Jahre von der Regierung Tansanias für den Anbau von Zuckerrohr vergeben werden sollte, vorsah. Diese Enteignung war bereits im Gange ohne die lokale Bevölkerung, die auf diesem Boden lebte und arbeitete, miteinbezogen bzw. deren Einverständnis eingeholt zu haben. Laut Erzählungen, die von ActionAid zusammengetragen wurden, hat EcoEnergy den Betroffenen nur die Möglichkeit angeboten zwischen einer Entschädigung, entweder in Form von Bargeld oder in Form von Ersatzboden (u.a. von dubioser Qualität) zu wählen, jedoch nicht den Vorschlag abzulehnen und das eigene Land zu behalten.
Der Plan von EcoEnergy hinsichtlich der Umsetzung einer Zuckerrohrplantage ist Teil des Programms Neue Allianz für die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit, eine Initiative die von den G8 ins Leben gerufen worden war, mit dem Ziel die Nahrungssicherheit in Afrika zu verbessern, indem die afrikanischen Landwirtschaftsmärkte und deren natürliche Ressourcen – u.a der Boden – für Investitionen aus dem privaten Sektor geöffnet werden sollten. Mit der Neuen Allianz wird den großen Unternehmen eine Schlüsselrolle in der Entwicklung zugeschrieben, zu Lasten der kleinen Landwirte, indem ein Kooperationsmodell im Dienste der privaten Interessen gefördert wird. Dieses Modell ist bereits in der Vergangenheit gescheitert, da es die kleinen Landwirte schädigt, die die Basis der Nahrungsproduktion in Afrika darstellen.
In Bagamoyo sah der Plan von EcoEnergy die Schaffung eines landwirtschaftlichen Systems auf Vertragsbasis vor: 1500 Landwirte hätten Rohrzucker auf Ackerland des Unternehmen angebaut und das Geerntete an EcoEnergy zu einem vereinbarten Preis abgegeben. Trotzdem hat Action Aid dieses System von Anfang an als sehr riskant eingestuft, da es die Landwirte gezwungen hätte ihr kleines satellitengestütztes landwirtschaftliches Unternehmen zu gründen und Kredite in einer Höhe von bis zu 16.000 Dollar pro Kopf aufzunehmen (30 Mal mehr als der jährliche Mindestlohn eines Landwirts in Tansania). Außerdem waren viele ahnungslos, sowohl in Hinblick auf die Einzelheiten dieses Modells als auch der potenziellen entsprechenden Risiken und der großen Veränderung in Hinblick auf die Lebenserhaltungsmethode und die Ernährungssicherheit in der Gegend, die dieses System mit sich gebracht hätte. Zusätzlich wären die Landwirte nicht in der Lage gewesen, die abgeschlossenen Kredite zurückzuzahlen und vor 7 Jahren einen Profit zu erzielen: bis zu diesem Zeitpunkt waren ihre einzigen wahrscheinlich sehr niedrigen Einnahmen nur über ihren landwirtschaftlichen Betrieb erwirtschaftet worden. Laut EcoEnergy hätte dieses Projekt der lokalen Wirtschaft 45 bis 50 Millionen Dollar im Jahr gebracht, aber laut ActionAid handelt es sich hier um eine Fehleinschätzung, da das Projekt eher 8,55 bis 11,5 Millionen Dollar im Jahr generieren würde, die in erster Linie durch die Schaffung von direkten und indirekten Arbeitsplätzen und den entsprechenden Löhnen aufgrund des satellitengestützten landwirtschaftlichen Unternehmensmodells erwirtschaftet werden würden.
Aus diesem Grund hat Action Aid eine internationale Kampagne mit dem Namen #LANDforBagamoyo mit einer Dauer von 2 Jahren gestartet, dessen Anfang durch die Veröffentlichung des Berichts “Take Action: Stop EcoEnergy’s Land Grab in Bagamoyo, Tanzania” gekennzeichnet wurde, der im März 2015 den Fall ins Rollen gebracht hat. Über diesen Bericht, hat ActionAid EcoEnergy unter anderem dazu aufgefordert, die Gemeinschaften über die Pflichten des Unternehmen ihnen gegenüber, die Wirtschaftsprognosen und die finanziellen Schutzmaßnahmen in Kenntnis zu setzen und weitere öffentliche Konsultation unter Berücksichtigung des Prinzips der freien, vorherigen und informationsbasierten Zustimmung anzubieten. Trotz vermehrter Drohungen gegenüber den Mitarbeitern von ActionAid in Tansania, wurde die Unterschriftensammlung auf internationaler Ebene fortgesetzt, bis insgesamt 35.900 Unterschriften weltweit zur Unterstützung des Falls Bagamoyo gesammelt worden waren. Nach unserer Anzeige, hat der Hauptsponsor des EcoEnergy Projektes, die schwedische Agentur für Entwicklung, die Unterstützung des Projektes abgesagt und schlussendlich im Mai 2016 erreichte uns die Nachricht, die alle erwartet hatten: die neue Regierung Tansanias, die Ende 2015 ins Amt trat, hatte beschlossen das EcoEnergy Projekt zu blockieren!
Dieser Sieg stellt einen kleinen, großen Schritt im Kampf gegen das Land grabbing dar, das von Regierungen und Konzernen zu Lasten der lokalen Bevölkerung vorangetrieben wird, ein Phänomen das leider weit verbreitet und im Wachsen begriffen ist. ActionAid fordert vor allem, dass die Regierungen die als Geldgeber von privaten Unternehmen wie etwa EcoEnergy, fungieren, eine höhere Transparenz einfordern bzw. sicherstellen und zweitens jede Teilnahme und Unterstützung an der Neuen Allianz unterbinden und anstatt dessen reale Initiativen zur Unterstützung der Landwirte und Hersteller von Lebensmitteln auf kleiner Ebene finanzieren und vorantreiben. Somit würde ein Modell der tatsächlich nachhaltigen Landwirtschaft geschaffen werden.
Gestärkt durch den eben erzielten Erfolg und sich der vielen noch zu überwindenden Schwierigkeiten bewusst, kämpft ActionAid weiter, gemeinsam mit jenen die von Ungerechtigkeit betroffen sind.